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Osteopathie meets Kiefergelenk (CMD)

  • Autorenbild: David Weber
    David Weber
  • 14. Feb.
  • 4 Min. Lesezeit

Das Kiefergelenk – Ein faszinierendes Zentrum für Körper und Gesundheit


Craniosacrale Therapie bei CMD

Das Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis) ist eines der komplexesten Gelenke des menschlichen Körpers. Nicht umsonst gibt es hierfür ein eigenes medizinisches Fachgebiet:

die Zahnmedizin. Doch auch in der Osteopathie spielt das Kiefergelenk eine spannende Rolle, da es die Verbindung zwischen dem craniosacralen System (Schädel und Nervensystem), dem parietalen System (Muskeln/Gelenke) und dem viszeralen System (Organe) darstellt. Mit anderen Worten: Das Kiefergelenk ist ein Schlüsselpunkt in der Osteopathie, welche sich als CMD äußern kann. Hier wirken strukturelle, neurologische und funktionelle Systeme des Körpers zusammen.


Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) – Wenn das Kiefergelenk aus dem Gleichgewicht gerät


Der Begriff Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) beschreibt eine Vielzahl von Fehlfunktionen des Kiefergelenks. Diese können vielfältige Beschwerden verursachen, darunter:

• Zähneknirschen (Bruxismus),

• Kopfschmerzen oder Migräne,

• Nackenbeschwerden,

• Schmerzen im Kieferbereich,

• Kreuz- oder Überbissprobleme.


Es handelt sich um eine funktionelle Störung des Schädels (Cranium) und des Unterkiefers (Mandibula). Da der Begriff keine klare Abgrenzung zu spezifischen Krankheitsbildern erlaubt, ist eine präzise Diagnose durch erfahrene Osteopathen entscheidend.


Anatomie des Kiefergelenks – Eine technische Meisterleistung


Das Kiefergelenk besteht aus zwei Knochen: dem Unterkiefer (Mandibula) und dem Schläfenbein (Os temporale). Dazwischen befindet sich der sogenannte Diskus, eine Art „Unterlegscheibe“, die für eine reibungslose Bewegung sorgt und die beiden Knochen kongruent macht.


Das Gelenk ermöglicht drei Bewegungsarten:

1. Öffnen und Schließen des Mundes (z. B. beim Sprechen oder Essen),

2. Seitliches Verschieben für das Zerkleinern der Nahrung,

3. Nach-vorne- und Zurück-Schieben (z. B. beim Doppelkinn).


Die Rolle der Muskulatur – Wo Kraft und Beweglichkeit zusammentreffen


Das Kiefergelenk wird von mehreren Muskelgruppen unterstützt:

Kieferöffnende Muskulatur:

Diese sitzt unterhalb des Unterkiefers und verbindet sich mit Schlüsselbein, Brustbein und Schulter. Der Musculus omohyoideus beispielsweise hält die Halsfaszie beweglich und verläuft zwischen dem Zungenbein (Hyoid) und dem Schulterblatt.

Kieferschließende Muskulatur:

Dazu gehören die kräftigen Kaumuskeln. Der Musculus masseter, einer der stärksten Muskeln des Körpers, kann auf 1 cm² eine Kraft von bis zu 133 kg ausüben.


Das Kiefergelenk und die Verdauung – Ein perfektes Zusammenspiel


Das Kiefergelenk ist der Beginn des Verdauungstrakts. Mit dem Öffnen des Mundes wird die Nahrung aufgenommen, während das Malen und Zerkleinern die Nahrung für die Verdauung vorbereitet. Die Zunge schiebt die Nahrung schließlich in den Rachen, wo sie geschluckt und in den Magen transportiert wird.


Die Osteopathie sieht das Kiefergelenk daher nicht nur als rein mechanisches Gelenk, sondern verbindet es mit dem viszeralen System, das für die Funktion der inneren Organe verantwortlich ist.


Das craniosacrale System und das Kiefergelenk


Aus craniosacraler Sicht spielt das Kiefergelenk eine zentrale Rolle. Der Unterkiefer (Mandibula) verbindet zwei Schädelknochen und ist über die Schädelnähte mit den anderen Knochen des Schädels verbunden. Diese Nähte sind plastisch und enthalten feine Nerven, Gefäße und Rezeptoren.


Die Beweglichkeit des Kiefergelenks hat einen direkten Einfluss auf den craniosacralen Rhythmus – eine subtile Bewegung von Schädel und Kreuzbein, die für den Fluss der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit entscheidend ist. Dysfunktionen im Kiefergelenk können diesen Rhythmus stören und zu Symptomen wie:

• Tinnitus,

• Schwindel,

• Kopfschmerzen oder

• Problemen mit der Körperhaltung führen.


Ein Beispiel: Die Ohrtrompete (Tuba auditiva), die sich im Schläfenbein befindet, kann bei Kieferfehlfunktionen beeinträchtigt werden. Das Kiefergelenk wirkt dann wie ein Stoßdämpfer für das Hörsystem – Dysfunktionen können zu Tinnitus oder Ohrgeräuschen führen.


Das psychosomatische Kiefergelenk – Die emotionale Verbindung


Das Kiefergelenk steht nicht nur für mechanische Funktion, sondern auch für psychische Prozesse. Psychosomatisch wird das Kiefergelenk oft mit unterdrückter Wut oder Aggression in Verbindung gebracht. Zähneknirschen in der Nacht kann ein Zeichen dafür sein, dass der Wunsch, sich „durchzubeißen“, tagsüber nicht erfüllt wurde.


Ein Sprichwort bringt dies auf den Punkt: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“ Der Zustand der Zähne spiegelt oft Vitalität und Gesundheit wider – beim Menschen genauso wie beim Pferd.


Wie Osteopathie das Kiefergelenk behandelt


In der Osteopathie beginnt die Behandlung des Kiefergelenks mit einer manuellen Diagnostik. Hierbei werden folgende Strukturen untersucht:

Muskulatur: Spannungen oder Dysfunktionen,

Gelenke: Beweglichkeit und Position des Kiefergelenks,

Nerven und Gefäße: Versorgung der umliegenden Strukturen.


Je nach Befund umfasst die Behandlung Techniken aus dem:

1. Parietalen System (Muskeln, Gelenke, Knochen),

2. Viszeralen System (Verdauung und innere Organe),

3. Craniosacralen System (Schädel, Nerven, Faszien).


Fazit: Das Kiefergelenk als Schlüssel für ganzheitliche Gesundheit


Das Kiefergelenk ist mehr als ein Werkzeug zum Kauen – es ist ein zentrales Bindeglied zwischen Körper und Geist. Mit seiner Verbindung zu Schädel, Verdauung und Nervensystem spielt es eine Schlüsselrolle in der Osteopathie.


Werden Fehlfunktionen frühzeitig erkannt und behandelt, können nicht nur Schmerzen und Verspannungen gelindert werden, sondern auch die Selbstregulation des Körpers unterstützt werden. In meiner Praxis in Sigmaringen verdient die ganzheitlichen Therapie für das Kiefergelenk daher besondere Aufmerksamkeit – denn manchmal reicht schon ein „bisschen“ Balance für mehr Gesundheit.


schönes Lächeln

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Quellen:

Prometheus: Kopf, Hals und Neuroanatomie: Michael Schünke, Erik Schulte, Udo Schumacher, Hrsg. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG; 2022 S.154-164

Kiefergelenk- TMG - Craniomandibuläre Dysfunktion: Dieter Vollmer, Konstanz

 
 
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